Gerhards Matchbericht// SV Oberwart – SC Wiener Viktoria

Ein Viktorianer on Tour

 

SV Oberwart – SC Wiener Viktoria

 

RLO-Saison 2023/24, 12. Runde, 13.10.2023

 

Triskaidekaphobie

 

Na das konnte ja was werden. Ausgerechnet am Freitag den Dreizehnten musste die Wiener Viktoria zum fernen Auswärtsspiel nach Oberwart. Nichts für Abergläubische. Man sollte auf keinen Fall unter Leitern durchgehen. Besonders gefährlich sind aber an diesem Tage schwarze Katzen. Ich bin mir momentan aber nicht sicher, ob die Vierbeiner mehr Unglück bringen, wenn sie einem von links oder von rechts vor die Füße laufen. Denke jedoch, dass es weniger entscheidend ist, aus welcher Richtung das Tier kommt. Viel entscheidender ist es wohl ob es sich bei der schwarzen Katze um eine Hauskatze oder einen Panther handelt. Bei Letzterem wäre es dann besser, wenn der Panther rosarot wäre und Paulchen heißt. Vorsichtshalber machten wir uns ohne jeglicher Aufstiegshilfen und Haustiere auf die Fahrt.

„Wer hat an der Uhr gedreht?“. Bereits um halb vier ging es vom Viktoriaplatz im „Wahre Liebe“ Bus auf die eineinhalb stündige Reise ins Mittelburgenland. Mit dabei hatten wir auf der Fahrt jeden Falls viel gute Laune und jede Menge Zuversicht, mit drei Punkten zurück nach Meidling zukehren. Es gab keine mystischen Hinweise, dass uns ein zweiter Auswärtssieg Unglück bringen könnte, oder uns nach dem zehnten ungeschlagenen Spiel in Serie, sieben Jahre Pech erwarten.

Bei herrlich warmen Temperaturen erreichten wir unser Ziel, das Inform-Stadion, und hatten genug Zeit bei einem kühlen Bierchen, aber eher mäßigen kulinarischen Angebot, einen schönen Sonnenuntergang zu genießen. Auch konnten wir in der benachbarten Sporthalle das Training der Oberwart Gunners, dem Basketball Bundesligisten, bewundern. Obwohl ich nicht zu den kleinen Schmächtigen zähle, kam ich mir in dieser Gesellschaft sehr, sehr klein vor.

Vor einer gut besuchten Tribüne pfiff der Schiedsrichter das Meisterschaftsspiel der Regionalliga Ost um 18.45 Uhr an. Nach einem kurzen Geplänkel in den Anfangsminuten übernahmen unsere Viktorianer bald das Kommando. Der Gastgeber wurde gut kontrolliert. Die Mannschaft bewegte sich gut, die gewohnt feine technische Klinge unserer Mannschaft ließ den Aufsteiger nicht gut aussehen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Meidlinger die spielerischen Vorteile in zählbares umsetzen würden. Und wie mein fußballerisch so fein geschliffenes Auge bereits früh erkannte, dauerte es nicht lange bis das erste Tor fiel. Bereits in der zwanzigsten Minute stand es 1-0. Es gab nur einen Schönheitsfehler: es fiel auf der falschen Seite!

Ein schwerer Abspielfehler im zentralen Mittelfeld, ein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung ermöglichte den Oberwartern einen schnellen Konter, die Verteidigung weit weg vom Gegner, und unser Schlussmann war gegen den ganz alleine auf ihm zulaufenden Stürmer chancenlos. Eine kalte Dusche! Sch… Freitag der Dreizehnte! Es darf nicht passieren. Aber es passierte.

Unsere Trainerbank reagierte prompt und brachte einen neuen Spielmacher in die Mannschaft. Unser Kevin ersetzte unseren Nikolaj. Ohne Kritik üben zu wollen, war der rasche Spielertausch eine für mich doch etwas überraschende und schnelle Entscheidung. Der betroffene Spieler hatte keine Chance seinen Fehler wieder auszubessern. Nach den bisherigen gezeigten Saisonleistungen, hätte man ihm dies meiner Meinung nach auch zutrauen können. Und wenn es nicht gelungen wäre, hätte der Wechsel auch in der Halbzeit ausgereicht. Man hatte auch in der Vergangenheit nicht immer sofort reagiert, sogar manchmal zu lange zugeschaut. Aber sei es wie es sei. Der Wechsel sollte sich in naher Zukunft als goldrichtig entpuppen.

Die Führung der Hausherren zeigte bei unserer Mannschaft Wirkung. Unsicherheiten schlichen sich ins Spiel ein, der Zug Richtung gegnerisches Tor ging verloren und bald ergab sich eine neuerliche Riesenchance für die Burgenländer, bei der unser Günter die frühe Vorentscheidung zu unseren Ungunsten, mit einem tollen Reflex, vereitelte. Schön langsam war guter Rat teuer. Es sollte der Mannschaft bald etwas Einfallen um wieder ins Spiel zurück zu finden. Man könnte auf ein altbewährtes Zaubermittel zurückgreifen. Eine Variante, die diese Saison bereits zweimal unheimlich gut gewirkt hatte. Vernichte den Gegner mit einem Doppelschlag: ein Tor zum Pausenpfiff und gleich nach Wiederbeginn.

Gedacht, getan! Angriff der Viktorianer über die linke Seite, unser Roman bekommt am Sechzehnereck den Ball, zieht unwiderstehlich aus spitzen Winkel auf das Tor, scharfer Schuss aus sieben Metern, den der Tormann nur abklatschen ließ und Roman war erneut da um den Tormann aus kurzer Distanz per Kopf zu überheben. Der Ausgleich zeitgleich mit dem Pausenpfiff. Der erste Schritt zur Mission „dreh das Spiel“ war erfolgreich erledigt. Auf zur Regeneration in die Kabinen. Es war ja auch noch Schritt zwei zu erledigen.

Viel Zeit ließen sich die Viktorianer nach dem Seitenwechsel nicht, den Gegner in die Realität des Lebens zurück zu bringen. Keine vier Minuten. Angriff der Viktoria über die Mitte, Konfusion in der burgenländischen Abwehr und unser Kevin nützte diese eiskalt zur 2-1 Führung. So wurde mir berichtet. Ich hatte es nur mit einem Auge gesehen. Mein zweites war noch in der Kantine beim Pausenbier. Sogar mir passieren Nachlässigkeiten.

Alles war erledigt, die drei Punkte waren im Trockenen. Nur noch läppische 45 Minuten inklusive Nachspielzeit bis zum Schlusspfiff. Scherz bei Seite. Die zweite Hälfte hatte es gewaltig in sich. Einfach nichts für schwache Nerven. Die Hausherren wollten nicht wirklich aufgeben, wollten den Punkt. Wir konnten das Match nicht wirklich beruhigen, wollten aber die drei Punkte mit nach Hause nehmen. Es war einfach nervenaufreibend. Das Spiel ging hin und her, viel Kampf und Krampf, wenig technische Feinheiten. Ein Abseitstor wurde unserem Gegner aberkannt. Ob berechtigt oder nicht kann ich nicht sagen. Meine Augen waren wieder an verschiedenen Schauplätzen. Abgekämpft und heiser, dem Herzinfarkt nahe, erlöste mich nach einer gefühlten „zwei Stunden Halbzeit“ der Schlusspfiff des Unparteiischen, von meinen Qualen. Eine nicht endend wollende Achterbahnfahrt der Gefühle. Auswärtssieg! Er war geschafft.

Und nicht nur das. Als ich nach Spielende online die Spielergebnisse googelte und den Tabellenstand sah, wurde mir ganz warm ums Herz. Wir standen ganz oben. Die Underdogs aus Meidling, die keiner ernst nimmt, lachten von der Tabellenspitze. Obwohl nur temporär, für die nächsten 22 Stunden. Aber es war ein wunderschönes Gefühl. Schweigen mögen die ewigen Zweifler, die mich belächelten, als ich zu Saisonbeginn vom Aufstieg sprach. Die alles schlecht reden wollen. Wir haben im Herbst noch vier Runden in denen uns alle Möglichkeiten offenstehen. Von Herbstmeister bis Winterkönig oder gar nur Fünfter. Aber bis auf die Grünen Amateure einzuholen, haben wir alles in eigener Hand. Wir haben drei der letzten vier Spiele im Herbst zu Hause. Es wird verdammt schwer. Aber die Mannschaft hat das Zeug dazu. Die SC Wiener Viktoria hat das Zeug dazu. WIR haben das Zeug dazu.

Ich freue mich EUCH alle am kommenden Samstag um 16.00 Uhr beim Heimspiel gegen Krems am Viktoriaplatz zu sehen. Seid einfach dabei, wenn wir das Unmögliche möglich machen. Machen wir es einfach gemeinsam.

Wie man sieht, ist der ganze Aberglaube nur Humbug. Von wegen Unglückstag. Es war ein einziger Glückstag. Man muss sich nur der schwarzen Leitern und rosaroten Katzen entledigen. Ich denke, ich hätte die fünf Amulette, die drei Kreuze und die Knoblauchzehen gar nicht mitgebraucht. Aber man muss halt manchmal auch ein bisschen vorsichtig sein. Und für die, die die (die drei „die“ sind speziell meiner Frau gewidmet) Überschrift nicht verstehen: das ist altgriechisch und bedeutet dasselbe wie der uns so geläufige lateinische Begriff Paraskavedekatriaphobie.

Bis bald, Gerhard

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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