Gerhards Matchbericht// SC Wiener Viktoria – FC Mauerwerk

Ein Viktorianer on Tour

SC Wiener Viktoria – FC Mauerwerk

RLO-Saison 2023/24, 9. Runde, 23.09.2023

Happy End

Oh, wie ist das schön! Die Europäischen Cup Bewerbe versüßen seit letzter Woche wieder unsere eintönigen Fernsehabende. Endlich erlöst von den gnadenlosen Endloswiederholungen unseres öffentlich-rechtlichen Senders, kann man sich wieder an drei Werktagen vom großartigen europäischen Klubfußball unterhalten lassen. Noch dazu haben es drei heimische Vertreter in die Gruppenphasen geschafft. Eine Tatsache, die in den letzten Jahren nicht immer selbstverständlich war. Ein kleiner Wermutstropfen für den Wiener Fußballfan ist zwar die Absenz der eigenen Lieblingsvereine. Aber man gewöhnt sich langsam daran. Mir ist es eigentlich egal, wer Österreich international vertritt, ich freue mich über jede tolle Leistung eines heimischen Vereins.

Und ich wurde eigentlich nicht enttäuscht. Alle Drei standen eigentlich als große Außenseiter großen international lang bewährten Klubs gegenüber. Der LASK konnte meinem englischen Lieblingsverein zumindest eine Hälfte lang das Leben schwer machen. Als die Liverpooler den Ernst der Lage erkannten, wurde den Linzern aber klar die Grenzen aufgezeigt, konnten aber mit der gebotenen Leistung erhobenen Hauptes vom Platz gehen. Noch hartnäckiger zeigte sich unser steirischer Vertreter. Die Grazer vergaben einen durchaus möglichen Sieg nur durch zwei Konzentrationsfehler. Der Abstand zur europäischen Spitze wird deutlich ersichtlich, Jahr für Jahr kleiner.

Und zu guter Letzt das Bravourstück unseres Langzeitmeister von der Dosenfraktion, die wie jedes Jahr mit einer komplett neuen Mannschaft, heuer der absolut jüngsten in der Königsklasse, einen unerwarteten, aber verdienten Auswärtssieg in Lissabon einfuhr.

Trotz dieser Wahnsinns Leistung, sah man dann am Wochenende wie unberechenbar Fußball ist. Die in Österreich seit Jahren fast unbesiegbaren Salzburger patzten gegen den blau-weißen Aufsteiger aus Linz. Unfassbar, unmöglich, wie kann das passieren? Ganz einfach: wie wir Alle, sind hier nur Menschen am Werk. Jeder darf mal einen schlechten Tag haben. Und haben an einem Tag mehrere nicht ihren besten Tag, dann passiert es ganz einfach, dass der Außenseiter gewinnt. Aber ist es nicht genau das, das den Fußball ausmacht, warum wir diesen so lieben, warum wir ihm stundenlang in uns aufsaugen?

Nach dem kleinen Exkurs in die große Welt des Fußballs, von der wir zurzeit in Meidling nur träumen können (vielleicht wird sie ja einmal real), wenden wir uns dem Spiel unserer Viktorianer gegen den FC Mauerwerk zu. Gute und siegessichere Stimmung war an diesem verregneten, kühlen Tag am Viktoriaplatz zu vernehmen. Jeder (einschließlich mir) war von drei Punkten überzeugt. Die hohe, vernichtende Heimniederlage unseres Gegners in der Vorwoche, und die starken, überzeugenden Vorstellungen unserer Viktorianer, wiesen auf eine klare Angelegenheit für die Meidlinger hin. Aber man sollte die Beute nicht aufteilen bevor sie erlegt wurde.

Nach zehn Minuten fragte ich mich, ob ich im falschen Film war. Die Gäste übernahmen von Beginn an das Kommando, spielten locker drauf los und kamen ganz verdient zu zwei, drei nicht ungefährlichen Chancen. Da lief was falsch. Wo war unsere Mannschaft der letzten Wochen? Immer einen Schritt zu spät, unsicher am Ball, wenig Bewegung. Hatten wir mit unserer siegessicheren Einstellung, die Mannschaft angesteckt? Wusste da einer von dem was er sprach, als er meinte, der Hochmut kommt nicht weit vor dem Fall. Oder hatte man einfach einen schlechten Tag erwischt? Ich hatte keine Ahnung, aber immerhin war noch ausreichend Zeit, den Fehlstart in Ordnung zu bringen.

Unsere Meidlinger reagierten prompt. Der Gegner wurde wieder gut neutralisiert. Man Übernahm das Kommando. Aber nicht wie in den letzten Heimspielen. Man kontrollierte das Spiel, aber die spielerischen Feinheiten fehlten, genauso wie herausgespielte Torchancen. Es lief etwas zäh dahin. So war es kein Wunder, dass das Spiel so dahinplätscherte, keine Besorgnis in Rückstand zu geraten, aber genauso wenig Hoffnung in Führung zu gehen. So ging es torlos in die Kabinen.

Knapp nach der Pause schwächte sich Mauerwerk mit einer gelb-roten Karte. Neuerlich machte sich großer Optimismus am Viktoriaplatz breit. „Jetzt hamma´s in Griff“, „Des war´s“, „Die Punkte san in Meidling!“. Großer Irrtum! Die Gäste standen mit zehn Mann bombenfest in der Abwehr, kämpften und rackerten bis zum Umfallen. Nicht schön anzusehen, aber wirksam. Von der richtigen Antwort waren unsere Jungs meilenweit entfernt. Man lief sich in der kompakt agierenden Defensive fest, der erlösende Genieblitz, der erlösende Pass wollte nicht gelingen. Ein Freistoß an die Außenstange war ein kleiner Hoffnungsschimmer. Die Zeit rannte und rannte davon.
Was mich weiterhin positiv stimmte, war aber die Körpersprache unserer Viktorianer. Es wurde keiner hektisch oder nervös. Jeder behielt einen klaren Kopf. Es gab keine gegenseitigen Schuldzuweisungen. Keiner vergaß auf Defensivaufgaben (die kaum nötig waren), man gab dem Gegner niemals die Möglichkeit einen Lucky Punch zu landen. Es fehlte nur eine einzige gelungene Aktion mit erfolgreichem Abschluss.

Man möge es als unsagbares Massel bezeichnen, man kann es auch Glück des Tüchtigen nennen, Zufall oder Können, sch….egal. In der 91. Minute fiel der erhoffte, herbei gesehnte und vielumjubelte Führungstreffer. Meidling bebte, alle waren erleichtert. Der Endstand zum 2-0 aus einem Elfmeter in der 96. Minute war nur noch Zugabe. Alles bejubelte den späten Erfolg. Manchmal ist das Glück ein Vogerl, aber es ist wunderbar es im richtigen Moment zu haben. Gesättigt von einem mehr als delikaten Spanferkel und verwöhnt durch die unterhaltsame Musik unseres DJ´s, wurde der Last Minute Sieg noch zufrieden, bis in die späte Nacht, zelebriert

Noch während des Verzerrens des Bioferkels erreichte alle die Nachricht der Salzburger Bundesliga Niederlage. Viele sahen sich verwundert an, schüttelten den Kopf. Wie kann so etwas passieren. Eine Sensation, unerwartet. Genau deshalb möchte in unseren Viktorianern ganz herzlich zu ihrem Sieg gratulieren. Was dem Serienmeister nicht gelang, ist unseren Burschen gelungen. Auch mit einer nicht hundertprozentigen Leistung, an einem schwächeren Tag wurde der Sieg in letzter Minute fixiert. Einfach mit Ruhe bewahren, mannschaftlichen Zusammenhalt und einer starken mentalen Leistung. Jeder hilft jeden, jeder rennt für jeden! Ich glaube, das ist einfach die Stärke dieses Teams. Das ist eine Tugend die Meister machen kann, und noch dazu mit dem richtigen Quäntchen Glück hoffentlich auch machen wird. Ich glaube fest daran! Auf ein Happy End im kommenden Mai.

Auf geht´s zum schweren Auswärtsspiel nach Neusiedl am See. Gleichzeitig duellieren sich in Krems die beiden Tabellenführer. Die große Chance zum Spitzenreiter aufzuschließen. Ich traue es der Mannschaft zu. Ja, sorry. Ich wiederhole mich. Aber diese Mannschaft überzeugt mich einfach. Sie spielt auf einem Level, auf dem noch keine Viktoria Mannschaft gespielt hat. Darum hoffe, dass ihr alle in Neusiedl dabei seid, und die Mannschaft tatkräftigst unterstützt. Das wäre nämlich ein Punkt, bei dem wir noch einige Luft nach oben hätten. Da haben uns die Burschen mit ihrer Leistung einiges voraus.

Bis bald, Gerhard

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