Gerhards Matchbericht// SC Wiener Viktoria – ASV Draßburg

Ein Viktorianer on Tour

 

SC Wiener Viktoria – ASV Draßburg

 

RLO-Saison 2023/24, 15. Runde, 04.11.2023

 

Applaus, Applaus!

Anfield Road wir kommen! Am Nationalfeiertag war es endlich soweit. Mein lieber Sohn Raffael und ich machten uns auf den Weg nach England. Pferderennen und Fußball stand auf dem Programm. Den Beginn machte die Pferderennbahn in Cheltenham, das Mekka der Hürden- und Jagdrennen. Dort wo sich beim großen viertägigen Festival im März täglich bis zu siebzig Tausend! Zuseher einfinden, ging es bei der Saisoneröffnung etwas ruhiger zur Sache. Wir sahen an beiden Renntagen tollen Sport in prickelnder Atmosphäre auf einer imposanten Rennbahn. Selbst der etwas „magere“ Besuch von knapp zehn Tausend Zuschauern am Freitag und annähernd sechzehntausend am Samstag, brachte einen österreichische Verhältnisse gewohnten Rennplatz Enthusiasten zum Staunen. Eine Zuschauerzahl von der 99,8% der österreichischen Fußballvereine nur träumen können.

Erfreut war ich an diesem Samstag auch von den News aus Meidling. Der Punktegewinn unserer Viktorianer beim Tabellenführer aus Floridsdorf war zwar durchaus erhofft, aber auf keinen Fall selbstverständlich. Gut gelaunt ging es daher Samstag abends mit dem Zug nach Liverpool, zum zweiten Höhepunkt unserer Reise ins Vereinigte Königreich.

Während der Wunsch zu einem Besuch auf der Rennbahn in Cheltenham erst in den letzten Jahren entstand, handelte es sich beim Liverpool Match an der Anfield Road um einen Kindheitstraum. Bereits um halb elf machten wir uns auf den Weg zum um 14.00 Uhr beginnenden Premier League Spiel Liverpool FC gegen Nottingham Forest. Halb Liverpool war schon auf den Beinen, jeder zumindest mit einem Fan Schal bewaffnet, die Meisten aber im Fan Trikot. Schlangen an den Bushaltestellen Richtung Anfield. Unwahrscheinlich!

Um halb zwölf bereits High Life vor dem Stadion. Fan Stände en masse. Der aktuelle Match Schal ist Pflicht. Dutzende Stände mit Fish and Chips, Burger, Pizza und Fries. Menschenmassen warten auf den Zutritt in den dreistöckigen Fan Store. Die Stimmung ist ausgelassen, fröhlich und einfach umwerfend positiv. Keine grölenden Möchtegern Fans. Vor dem Stadiontoren unterhält eine Liveband die Zuschauer.

Applaus, Applaus an diese Fankultur. Applaus, Applaus an den englischen Fußball. Unvorstellbar, wenn man an die Ausschreitungen der englischen Hooligans in den 80er und 90er Jahren zurückdenkt. Hier wurden die Hausaufgaben gemacht. Keine Zäune trennen das Spielfeld vom Publikum, keine Personenkontrolle am Eingang. Man kommt Fußball schauen und nicht den Gegner prügeln. Man feuert die eigene Mannschaft an und beschimpft nicht den Kontrahenten. Man muss nicht das halbe Stadion abfackeln um glücklich zu sein. Applaus, Applaus!

Eine Stunde vor Anpfiff füllt sich das Stadion. Die Fan Gesänge werden immer lauter. Die Mannschaften kommen auf das Feld und über fünfzig Tausend Fans singen gemeinsam und friedlich „You´ll never walk alone“. Gänsehautstimmung, am Rücken rennt es dir kalt hinunter, die Augen werden feucht …. Und es ist noch intensiver als du es dir jemals vorgestellt hast. Du stehst da, sprachlos mit offenem Mund und saugst die Atmosphäre in dich auf. Es ist einfach unbeschreiblich!!! Applaus, Applaus!

Zurück in Meidling! Die Herbstferien waren fast geschafft. Die letzte Runde der Herbstsaison stand am Programm. Die Wiener Viktoria freute sich auf unseren sympathischen Gegner aus Draßburg. Schönes, sonniges Herbstwetter erwärmte die Meidlinger Seelen und lockte eine ganz ansehnliche Fangemeinde auf den Viktoriaplatz. Mit einem Dreier wollte man die so erfolgreiche Herbstsaison (Applaus, Applaus!) siegreich beenden. Nachdem der erträumte aber brotlose Herbstmeistertitel nicht glückte, wollte man den Rückstand für das Frühjahr so gering wie möglich halten.

Von Beginn übernahmen die Meidlinger das Kommando. Es war zwar kein bedingungsloser Sturmlauf auf das gegnerische Tor, aber man war sehr bemüht das Spiel zu kontrollieren und sobald wie möglich auch zählbare Erfolge zu verbuchen. Ganz so einfach wollten es uns die Draßburger auch nicht machen, und machten es unseren Viktorianern mit einer starken Defensivleistung schwerer als erhofft. Nach dem unsere ersten beiden Chancen nicht verwertet wurden, gelang unserem Dominik nach knapp einer halben Stunde das erhoffte 1-0. Mit der Führung im Rücken, nahmen die Hausherren das Tempo zu frühzeitig vor der Pause aus dem Spiel. Das ging leider nach hinten los. Mit der ersten erwähnenswerten Offensivaktion gelang den Gästen der überraschende Ausgleich. Ein Freistoß knapp außerhalb des Strafraums wurde unhaltbar im Kasten der Meidlinger versenkt. Ein Traumtor – Applaus, Applaus!

Gegen so ein Tor ist man machtlos. Mit dem 1-1 ging es in die Halbzeit. Nichts passiert. Die Einstellung der Mannschaft passt, es ist noch Luft nach oben und die Burschen werden sich den Sieg nicht nehmen lassen. So ging es körperlich zurück auf das Feld. Gedanklich blieb man noch in der Kabine. Es dauerte keine zwei Minuten bis die Draßburger das Spiel gedreht hatten. Keiner passte auf, niemand spielte mit. Das verdiente 1-2 war Realität.

Zu unserem Glück gesellten sich unsere Spieler nun auch mental auf das Feld. Und wie! Es folgten die stärksten fünfzehn Minuten unserer Viktorianer in der ganzen Herbstsaison. Ich stelle diese Viertelstunde über die glorreiche Leistung von Leobendorf. Wie von der Tarantel gestochen übernahm man das Kommando und lies ein Feuerwerk auf das Draßburger Tor los, das seines gleichen sucht. Mit wunderbaren Toren von Kevin, Nikolai und Dominik, eines schöner wie das andere, drehte man das Spiel erneut – 4-2. Endlich passten die Fernschüsse. Der Gegner wurde mit enormem Tempo an den eigenen Strafraum gedrängt, wurde schwindlig gespielt und einfach gesagt vom Platz geschossen. Applaus, Applaus!

Danach ließ man nichts mehr anbrennen. Das Tempo wurde herausgenommen, das Spiel kontrolliert und locker über die Runden gebracht. Ein erfolgreicher Herbst wurde mit einer überragenden Leistung beendet. Nach wackligen drei Runden, wurden wir von der Mannschaft wahrhaft verwöhnt. Für mich, die beste Mannschaft, die Meidling je gesehen hat. Ein eingeschworener Haufen mit großem Kämpferherz. Technisch versiert und kampfstark. Die Mischung aus viel Jugend und Routine ergänzt sich gut, und sorgt für ein optimales Gleichgewicht im Mannschaftsgefüge. Dazu noch ein Trainerteam vom Feinsten. Da kann es für das Frühjahr nur eine Devise geben: wir wollen ganz nach oben. Applaus, Applaus für unsere Wiener Viktoria. Wir danken euch von ganzem Herzen für diesen tollen Herbst!

Bereits am kommenden Samstag beginnt der fußballerische Frühling. Im ersten Spiel der Rückrunde empfangen wir um 16.00 Uhr am Viktoriaplatz die Amateure der Wiener Austria.
Wir hätten da noch eine Rechnung für die Niederlage in der ersten Runde offen. Und ich bin mir sicher, dass wir diese Rechnung begleichen werden und mit drei Punkten ins Frühjahr starten. Dazu brauchen wir einfach wieder eure ganze Unterstützung. Ich hoffe, ihr kommt alle wieder zahlreich auf den Viktoriaplatz!

Bis bald, Gerhard

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